Unsere Geschichte

Mit dem Evangelium ernst machen

Unsere Geschichte geht auf Franziskus von Assisi zurück.

1182 wird in Assisi der Sohn eines reichen Tuchhändlers geboren. Der Junge erlebt eine sorglose Kindheit, erhält eine relativ gute Bildung und verschafft sich durch sein spendables Auftreten Ansehen. Doch dann sucht Francesco, so sein Rufname, einen tieferen Sinn für sein Leben.

Im Gebet vor dem Kreuz von San Damiano, einer verfallenen kleinen Kirche in Assisi, erhält er den Auftrag: „Geh hin, bau meine Kirche wieder auf!“ Bald versteht er, dass damit nicht das verfallene Mauerwerk, sondern die lebendige Kirche gemeint ist. Seine neue Art, nach dem Evangelium zu leben, ist faszinierend, bald schließen sich ihm Gefährten an. Auch Klara, Tochter einer reichen Adelsfamilie aus Assisi, eine selbstbewusste Frau, sieht ihre Berufung im Leben nach dem Evangelium.

Heute hat die franziskanische Familie viele verschiedene Zweige. Wir, die Franziskanerinnen von Münster St. Mauritz, sind einer davon.

Weg-Kreuzungen

Manchmal durchkreuzt das Schicksal unsere Pläne und verlangt eine Entscheidung. In unserer Ordensgeschichte gab und gibt es viele dieser Wegkreuzungen. Jedes Mal fordern sie uns heraus zum Nach- und Vordenken, führen auf ungewohnte Pfade und zu Neuaufbrüchen.

Als Napoleon die Aufhebung der Klöster verfügt, muss Pater Christoph Bernsmeyer 1811 das Franziskanerkloster in Münster verlassen. 1844 gründet er in Telgte bei Münster unsere Ordensgemeinschaft: Die „Kongregation der Krankenschwestern vom Regulierten Dritten Orden des Heiligen Franziskus“ verbindet die franziskanische Lebensweise mit dem ambulanten Krankendienst in Familien.

Statt auf das soziale Engagement hätte der Ordensgründer seinen Schwerpunkt auf das Gebet legen können.


Vier junge Frauen aus Telgte fühlen sich von Pater Christophs Vision angesprochen. Am 2. Juli 1844 beginnen sie ihr Noviziat, um in seinem Sinne der Vernachlässigung und Vereinsamung der Kranken entgegenzuwirken.

Die Frauen hätten diesem 67-jährigen Priester mit seiner sozial-religiösen Sicht nicht zu vertrauen brauchen.


Den ersten vier Frauen schließen sich weitere Frauen an, unsere Gemeinschaft wächst. Angesichts einer Typhusepidemie entschließen sich am 29. Februar 1848 vier von ihnen zu einem unerschrockenen Einsatz in Schlesien. In Oppeln wird 1849 eine Niederlassung gegründet.

Die Ordensfrauen hätten auch in Telgte bleiben und dort die zarte Pflanze der Gemeinschaft pflegen können.


Am 19. Februar 1851 überträgt der Bischof von Münster die Leitung der jungen Ordensgemeinschaft der Clemensschwester Josephine Elkmann.

Die Ordensfrauen hätten eine Leitung von „außen“ ablehnen können.


Am 19. Oktober 1853 wird die Zentrale der Ordensgemeinschaft auf Wunsch des Münsteraner Bischofs von Telgte nach Münster verlegt.

Die Ordensfrauen hätten sich widersetzen und bei ihren vertrauten Aufgaben bleiben können.


Ab 1866 führt Direktor Roß die Ordensgemeinschaft intensiver zum franziskanischen Geist.

Den sozial tätigen Ordensfrauen hätten praktische Fragen wichtiger als die spirituelle Ausrichtung sein können.


Als 1875 durch das Kongregationsgesetz geistliche Orden und ordensähnliche Gemeinschaften verboten werden, sucht die Ordensleitung nach Lebensmöglichkeiten im Ausland. Am 15. Oktober desselben Jahres gehen 21 Ordensfrauen auf Bitten des amerikanischen Bischofs Baltes nach Springfield, Illinois.

Sie hätten in der Heimat bleiben können …


Der Kulturkampf zwischen dem deutschen Kaiserreich und der katholischen Kirche spitzt sich zu. Am 22. Mai 1878 eröffnen drei Ordensfrauen einen neuen Konvent im niederländischen Arnheim und widmen sich der ambulanten Krankenpflege.

Sie hätten sich den Umständen ergeben können.


Am 2. Oktober 1901 wird die Ordensgemeinschaft mit ihren 1085 Mitgliedern päpstlich approbiert.

Sie hätten sich im kleineren Rahmen eines Bistums organisieren können, wenn sie sich von den Niederlassungen in anderen Ländern getrennt hätten.


Am 17. September 1903 findet das erste Generalkapitel statt, die höchste beschlussfassende Instanz einer franziskanischen Ordensgemeinschaft. Es findet von nun an alle sechs Jahre statt. 1903 fällt dort die Entscheidung, vier Provinzen zu gründen: die rheinische, westfälische, schlesische und amerikanische Provinz.

Die Ordensgemeinschaft hätte an den bisherigen Verhältnissen festhalten und diese neue Struktur ablehnen können.


Direktor Roß und Mutter Cherubine erwirken am 20. Mai 1902 den Anschluss an den weltweiten Franziskanerorden.

Die globale Ausrichtung hätte an der Ordensgemeinschaft Interessierte überfordern und die Zahl der Eintritte verringern können.


Am 17. September 1925 fühlen sich fünf Ordensfrauen der amerikanischen Provinz berufen, ins chinesische Tsinanfu (Jinan) aufzubrechen.

Die Fremdheit von Sprache, Glaube, Kultur und Klima hätten sie abschrecken können.


Im Zweiten Weltkrieg 1939–1945 stehen 325 Ordensfrauen im Lazarettdienst.

Sie hätten ihren Dienst in den zivilen Krankenhäusern fortsetzen können.


Am 15. August 1945 wird die schlesische Provinz polnisches Verwaltungsgebiet. Die Schwestern sollen ausgewiesen werden, bieten aber Widerstand.

Die Ordensleitung hätte die schlesische Provinz aufgeben und die Ordensfrauen über Drittländer flüchten lassen können.


Am 1. Dezember 1948 gründen Chinamissionarinnen neue Missionsstationen in Himeji und in Nagasaki, Japan.

Wir hätten die Katastrophe durch die Atombomben ausblenden können und uns nicht zu engagieren brauchen.


Am 24. Juni 1948 zwingt der chinesische Maoismus die Ordensfrauen, Tsinanfu (Jinan) zu verlassen. Drei chinesische Ordensfrauen verbleiben und erleiden Verfolgung, Folter und ein Leben im Untergrund.

Die Ordensleitung hätte Anweisung zur Ausreise geben können.


Am 5. September 1949 gehen Ordensfrauen der amerikanischen Provinz zu den amerikanischen Ureinwohnern nach Gallup, New Mexiko, und später nach Arizona.

Minderheiten und Randgruppen der Gesellschaft hätten uns nicht zu interessieren brauchen.


Ab dem 6. Januar 1973 gehen deutsche Ordensfrauen unserer Gemeinschaft als Missionarinnen nach Indien.

Neue Missionstätigkeiten hätten die Ressourcen der Ordensgemeinschaft überfordern können.


Am 8. Dezember 1982 bestätigt Papst Johannes Paul II. die überarbeitete Regel des Regulierten Dritten Ordens der franziskanischen Familie. Die franziskanischen Quellen sind manchmal im Lauf der 800 Jahre verdeckt worden und müssen im Licht neuer Franziskusforschung revidiert werden.

Wir hätten uns spirituellen Neuerungen verschließen können.


Am 2. Juli 1994 feiert die internationale Ordensgemeinschaft ihr 150-jähriges Jubiläum. Bis zu diesem Zeitpunkt sind insgesamt etwa 10000 Frauen weltweit in diese Ordensgemeinschaft eingetreten.

Wir könnten uns im Glanz der Geschichte sonnen, statt weiterhin Gottes Wort mit Händen und Füßen zu den Menschen zu bringen.


Seit Februar 1997 gehören alle Mitglieder der Franziskanischen Familie (CFF) als Mitglieder zu Franciscans International, einer Nichtregierungsorganisation bei der UNO. Sie erheben ihre Stimme bei der UNO für Entrechtete, mit denen an der Basis viele Franziskaner und Franziskanerinnen zusammenleben und für deren strukturelle Rechte sie kämpfen.

Wir hätten uns um diese Problemkreise nicht zu kümmern brauchen.


Am 27. April 2002 entsteht die „Weggemeinschaft“ aus Männern und Frauen, die im franziskanischen Geist ihr Leben außerhalb einer Gemeinschaft gestalten wollen. Die ersten acht Mitglieder gehen eine engere Bindung an unsere Ordensgemeinschaft ein.

Wir hätten uns den Zeichen der Zeit entziehen und „unter uns“ bleiben können.


Am 11. August 2003 wird der 750. Todestag der heiligen Klara, Franziskus‘ weiblichem Pendant, gefeiert. Wir Ordensfrauen nehmen mit großem Interesse die Ergebnisse der Klara-Forschung auf.

Franziskus als Ordensvater hätte uns genügen können.


Am 22. September 2004 reisen erstmalig Schwestern aller Provinzen und der Region Indien zu einem internationalen spirituellen Erneuerungs- und Kultur-Austauschprogramm nach Japan.

Wir hätten uns der Chance einer gegenseitigen Inspiration über Ländergrenzen hinweg verweigern können.


Am 30. Oktober 2006 machen sich Schwestern auf nach Esterwegen, um im ehemaligen Konzentrationslager bei Aufarbeitung der schrecklichen Geschichte des Ortes zu helfen.

Sie hätten diese Aufgabe anderen überlassen können.


Am 6. Juli 2007 approbiert die Glaubenskongregation in Rom neue Generalkonstitutionen für die Franziskanerinnen von Münster St. Mauritz. An diesem Leitfaden zur praktischen Anwendung der Ordensregel des hl. Franziskus haben erstmals alle Schwestern unserer internationalen Gemeinschaft mitgearbeitet.

Wir hätten uns aus den anstrengenden Auseinandersetzungen heraushalten und uns viele erhellende Momente versagen können.

Pater Bernsmeyer Franziskanerinnen Mauritz Münster Ordenssschwester Ordensgemeinschaft Spiritualität Kloster katholisch Glauben

Ordensgründer Pater Bernsmeyer

Rochus Franziskanerinnen Mauritz Münster Ordenssschwester Ordensgemeinschaft Spiritualität Kloster katholisch Glauben

Das St. Rochus-Hospital nach 1861: Rechts neben dem Gründungsgebäude Pater Bernsmeyers und der neuen Kirche liegen Wirtschaftsgebäude und die kleine Leichenkapelle. Im Hintergrund zwischen beiden Komplexen kann man einen Teil der Klause sehen. Der kurz zuvor entstandene Neubau für die ruhigen Geisteskranken schließt an und ist nicht zu erkennen.

Grabplatte Bernsmeyer Franziskanerinnen Mauritz Münster Ordenssschwester Ordensgemeinschaft Spiritualität Kloster katholisch Glauben

Die Grabplatte von Pater Bernsmeyer

Mutterhaus Franziskanerinnen Mauritz Münster Ordenssschwester Ordensgemeinschaft Spiritualität Kloster katholisch Glauben
Ansicht des Mutterhauses und St. Franziskus-Hospitals von 1860.
 (Damals gab es kaum Trennung zwischen Konvent und Hospital.)
Pieta Telgte Franziskanerinnen Mauritz Münster Ordenssschwester Ordensgemeinschaft Spiritualität Kloster katholisch Glauben

Pietà in Telgte