10.04.2020
Frohe Ostern!

Wir Franziskanerinnen wünschen Ihnen frohe und gesegnete Ostern!

Impuls von pater Michael Plattig O.Carm.

Die Kar- und Ostertage 2020 sind überschattet von der Corona Pandemie.
Viele Menschen sind verunsichert, haben Angst, sich anzustecken oder davor, was noch kommen wird. Keiner kann die Entwicklung voraussagen, wir erleben als Menschheit eine Zeit der Ohnmacht und des Ausgeliefertseins. Ein Gefühl, das so gar nicht zur sonstigen Haltung unserer westlichen Machergesellschaften passt und deshalb auch für viele Menschen völlig ungewohnt, fremd ist und daher Angst macht.

In dieser Zeit feiern wir Tod und Auferstehung Jesu ganz anders als gewohnt.
Gottesdienste finden nicht statt oder nur im Fernsehen und im Internet. Die Lähmung des öffentlichen Lebens geht auch an der Kirche und den Gläubigen nicht spurlos vorbei.
In dieser Situation tritt ein Tag der Hl. Woche in den Vordergrund, der sonst meist untergeht, der Karsamstag.
Karsamstag ist das Aushalten der Spannung zwischen Karfreitag und Ostern, der Tag, an dem nichts passiert, keine Liturgie, kein Gottesdienst, Grabesruhe. Stille und Trauer beherrschen diesen Tag und mir scheint wichtig, dies nicht vorschnell abzukürzen mit dem Verweis auf den Ostersonntag, der am Abend des Karsamstags beginnt. Der Osterjubel kommt zuweilen zu früh und ist dann nicht durchlitten.
Die gegenwärtige Situation hält uns in gewisser Weise in der Atmosphäre des Karsamstags fest, im Gefühl der Betroffenheit und der Trauer, aber auch der Ungewissheit, was die Zukunft bringen mag. Versetzen wir uns doch einmal in die Situation der Jüngerinnen und Jünger Jesu am Karsamstag. Mag sein, dass sie auch Hoffnung hatten, doch eben keine Gewissheit, vorherrschend war die Trauer und die Verunsicherung, sie ziehen sich zurück und verbergen sich, oder wenden sich enttäuscht und frustriert ab wie die Emmausjünger.
Natürlich haben wir die Hoffnung und den Glauben an die Auferstehung, aber der muss auch immer wieder neu errungen werden und bewahrt uns nicht einfach vor dem Gefühl der Ohnmacht und der Unsicherheit. Auferstehungsglaube ist kein Zaubermittel, sondern eine zu erringende und eine zu durchleidende gläubige Hoffnung, das wird uns vielleicht in diesem Jahr deutlicher bewusst.

Ein anderer Gedanke des Karsamstags ist mit einem Abschnitt des Glaubensbekenntnisses verbunden: „Hinabgestiegen in das Reich des Todes.“
Christus ist hinabgestiegen in die Grabestiefe, in das Totenreich, um die Geschichte zu erlösen, die Erinnerungen zu befreien.
Eine Übung der ägyptischen Mönche empfiehlt, man solle sich vorstellen drei Tage im Grab zu liegen. Wenn wir dann aufstehen, was würden wir im Grab zurücklassen?
Die gegenwärtige Erfahrung der Beschränkung und des teilweisen Stillstands in unserer Gesellschaft macht deutlich, worauf es wirklich ankommt, wer die Menschen sind, die das „System“ am Laufen halten, welche Bedürfnisse wirklich lebensnotwendig sind.
Diese Fragen könnten auch wir uns stellen: Wieviel Ballast schleppen wir eigentlich mit uns herum, der nicht lebensnotwendig, ja manchmal sogar lebensbedrohlich ist?
Lassen wir Christus auch in unser persönliches Totenreich hinabsteigen, denn es geht um die Erlösung der eigenen Lebensgeschichte, um die Heilung der Erinnerung. Wir schleppen oft viel totes Gepäck mit uns herum, Verwundungen, alte Geschichten, Vorurteile aufgrund einseitiger Erlebnisse, immer wieder vertretene Meinungen, die längst schon des Hinterfragens bedürftig wären, ausgetretene Gewohnheiten, auch alte Ängste, Versagenserfahrungen, Scheitern, Kränkungen.
Dem auf die Spur zu kommen ist die Chance des Karsamstags und alles dann dem zu überlassen, der auch in unser Totenreich hinabsteigt, um uns mitzunehmen in die Bewegung der Auferstehung.
Überlassen wir ihm auch unsere Ohnmacht angesichts der Krise und empfehlen wir ihm alle, die besonders von dieser Pandemie betroffen sind, die Kranken und Sterbenden, deren Angehörige und alle Helferinnen und Helfer. Und wie so oft in unserer Welt gilt auch hier, die wirklich Leidenden ohne Hoffnung und in Verzweiflung angesichts der Situation leben nur zum Teil unter uns, die allermeisten leben in den Ländern, die weder über ein funktionierendes Gesundheitssystem noch über die Möglichkeiten entsprechender Hygiene verfügen. Vergessen wir gerade sie nicht!

Die Kar- und Ostertage 2020 werden anders sein,
trotzdem oder gerade deshalb wünsche ich Ihnen
gesegnete Kar- und Ostertage

Pater Michael Plattig O.Carm.
Spiritual