15.06.2023
Die Gemeinschaft der Missionare von der Heiligen Familie seit einem Jahr in Münster

Am 15. Juni 2022 verließen wir Missionare von der Heiligen Familie unser Kloster in Betzdorf/Sieg. Es war ein besonderer Abschied. In den 10 Jahren vorher mussten wir aus Altersgründen bereits vier unserer Niederlassungen in Deutschland aufheben. Nun ging es darum, das letzte Ordenshaus unserer Kongregation in Deutschland zu verlassen. Das war ein bedeutsamer Einschnitt auch für unser Selbstverständnis als Ordensgemeinschaft.

Das Provinzkapitel hatte im Jahr 2019 der Provinzleitung den Auftrag erteilt, Möglichkeiten auszuloten, wie nach der Aufhebung des Klosters in Betzdorf die Pflege unserer Mitbrüder gesichert und für die Gemeinschaft gute Bedingungen im Hinblick auf das gemeinsame und geistliche Leben geschaffen werden könnten. Es folgten drei Jahre des Suchens, Abwägens und Entscheidens. Man könnte diese Zeit mit dem Leben in einer Familie vergleichen, in der ein Umzug der Eltern in ein Seniorenheim ansteht und das Elternhaus und der heimische Garten veräußert werden muss.

Bei unserer Suche nach einem altersgerechten Ort für unsere 35 Patres und Brüder, die ein Durchschnittsalter von fast 83 Jahren hatten, waren uns zwei Punkte wichtig: Zum einen ging es darum, auch im Alter als Ordensgemeinschaft miteinander zu leben. Zum andern wünschten wir eine Kooperation mit einer anderen Ordensgemeinschaft; denn da bieten sich am ehesten die Voraussetzungen, den Lebensstil als Ordensgemeinschaft verwirklichen zu können.

Dass wir uns schließlich für Münster entschieden haben, war nicht zuerst die Entscheidung für eine schöne Stadt mit einem historischen Rathaus, mit dem Friedenssaal, mit einem ehrwürdigen Dom und mit reichen kulturellen Angeboten. Das alles hat seinen Wert. Doch den eigentlichen Ausschlag gab die gemeinsame Berufung, die wir mit der Schwesterngemeinschaft der Franziskanerinnen von Münster, Sankt Mauritz, teilen. Entscheidend war ferner, dass die Schwestern neben dem geräumigen Mutterhaus das Seniorenzentrum Haus Maria Trost betreuen.

Es war interessant, dass wir bei unserer Suchbewegung gefragt wurden: Wollt ihr wirklich euer schönes Kloster in Betzdorf aufgeben und als Männergemeinschaft in ein Frauenkloster einziehen? Es folgte die neugierige Frage: Was sagen denn die Leute dazu, dass ihr als Männer in ein Frauenkloster einziehen wollt? Es galt also, in verschiedenen Gesprächen und bei gegenseitigen Besuchen, Vorurteile zu bedenken und vernünftige Absprachen zu treffen, um beiden Gemeinschaften gerecht zu werden. Besonders schwierig war es für unsere pflegebedürftigen Mitbrüder, in den Monaten vor dem eigentlichen Umzug nach und nach das Kloster in Betzdorf zu verlassen, um in ein freiwerdendes Zimmer im Seniorenzentrum Haus Maria Trost einzuziehen. Das kostete Herzblut.  Der größere Teil der Gemeinschaft bezog schließlich im Sonner 2022, am Mittwoch vor Fronleichnam, eine Etage im Mutterhaus der Franziskanerinnen. Dort hat jeder Mitbruder sein Zimmer mit einer Nasszelle. Für das Gebetsleben gibt es einen Meditationsraum und für die Eucharistiefeiern eine Kapelle. Auch ein Gemeinschaftsraum und eine kleine Küche stehen zur Verfügung. Der Speiseraum ist gemeinsam. Die Mahlzeiten sind aber aus praktischen Gründen etwas versetzt. An besonderen Festtagen feiern wir das kirchliche Abendlob, die Vesper, gemeinsam in der Mutterhauskirche und treffen uns anschließend zu einem gemeinsamen Abendessen. Wenn eine Schwester oder ein Bruder einen runden Geburtstag feiert, sind alle zur Gratulation eingeladen. Natürlich ergeben sich zwischendurch spontane Begegnungen.

Die Schwestern waren von Anfang an bemüht, uns „Wohnungslosen“ ein gutes Zuhause zu bereiten. Es haben sich inzwischen neue Formen unseres eigenen Lebensstils und des geschwisterlichen Miteinanders eingespielt und bewährt. Die Hausleitungen unserer Gemeinschaften treffen sich wenigstens alle zwei Wochen, um anfallende Fragen zu besprechen. Statt der anfänglichen Sorge, wie das Leben von Männern und Frauen in einem Kloster sinnvoll gestalten werden kann, kommt nun die Feststellung: Ein gutes Miteinander von Schwestern und Brüdern aus verschiedenen Gemeinschaften in demselben Haus ist eine gegenseitige Bereicherung, wenn es gute Absprachen gibt und sich alle der gemeinsamen Berufung in Christus bewusst sind.

P. Egon Färber